Wie Sie eine Umfeldanalyse mit der „P-E-S-T“-Methode durchführen können

Dass die Norm DIN EN ISO 9001:2008 überarbeitet wurde und nun die ISO 9001:2015 veröffentlicht wurde, dürfte den meisten nach ISO 9001 zertifizierten Unternehmen bekannt sein. Die „neue“ ISO enthält einige wichtige Änderungen. Eine davon bezieht sich auf den sog. „Kontext der Organisation“. Dies bedeutet für die Unternehmen: Interne Themen bestimmen, externe Themen bestimmen, die sog. Interessierten Parteien festlegen, Anforderungen ermitteln, bewerten und umsetzen. Themenfelder können sein: Gesetze, Technik, Wettbewerb, Markt, Kultur, soziales Umfeld, Wirtschaft.

Bitte beachten: die Norm verlangt nicht den Einsatz spezieller Instrumente wie z.B. die SWOT-Analyse oder die hier vorgestellte PEST-Methode zur Durchführung einer Umfeldanalyse.

Im Hauptabschnitt 4 der neuen Norm sind bereits die ersten gravierenden Änderungen erkennbar. Künftig wird erwartet, dass Unternehmen sich systematisch mit Themen und Anforderungen auseinandersetzen, die einen Einfluss auf ihre Tätigkeit haben. Im Kapitel 4.1 wird verlangt, dass die Organisation externe und interne Themen bestimmen muss, die für den Zweck und die strategische Ausrichtung relevant sind. In einer Anmerkung ist aufgeführt, dass sich diese externen Themen aus dem gesetzlichen, technischen, wettbewerblichen, marktbezogenen, kulturellen, sozialen und wirtschaftlichen Umfeld ergeben können.

Das gesamte Umfeld der Organisation sollte in geeignete Ausschnitte unterteilt und betrachtet werden. Eine der häufigsten Unterscheidungen ist die in Sachfaktoren und Sozialfaktoren. Zu den Sachfaktoren werden gezählt: natürliches Umfeld, technisches Umfeld, ökonomisches Umfeld und rechtlich-politisches Umfeld; zu den Sozialfaktoren gehört das soziokulturelle Umfeld. Neben den potentiellen negativen Umfeldeinflüssen ( Risiken) umfasst die Betrachtung aber auch unterstützende Aspekte (Chancen) aus dem Umfeld.

Wie können Sie vorgehen?

In diesem Beitrag betrachten wir die externen Aspekte, die für die strategische Ausrichtung von Bedeutung sind. Es ist empfehlenswert, in einer Umfeldanalyse die wichtigsten Kategorien systematisch zu betrachten, ein Modell zu verwenden, das die Erhebungssystematik unterstützt. Eine der gängigsten Methoden ist die sogenannte „PEST-analysis“, die je nach Situation auch erweitert werden kann zur „PESTLE-analysis“ (dann kommen noch die Aspekte „Legal“ und „Environmental“ hinzu). Die Buchstaben stehen für die einzelnen Kategorien, die in der Analyse berücksichtigt werden sollen:

P: Political
E: Economical
S: Social
T: Technology
L: Legal
E: Environmental

Veränderungen in Ihrem Geschäftsumfeld können tolle Möglichkeiten für Ihre Organisation mit sich bringen – oder auch signifikante Bedrohungen erzeugen. Beispielsweise können sich aufgrund neuer Technologien günstige Möglichkeiten ergeben, die Ihnen helfen, neue Kunden zu gewinnen, aufgrund neuer Finanzierungsmöglichkeiten ergeben sich neue Investments in bessere Ausstattung oder durch eine veränderte Regierungspolitik öffnen sich neue Märkte. Bedrohungen/Gefahren können Deregulierungen beinhalten, die Ihr Unternehmen einem erhöhten Wettbewerbsdruck aussetzen, schrumpfende Märkte entstehen, oder das Zinsniveau steigt stark an, das für Sie Probleme mit sich bringen kann, wenn Ihr Unternehmen durch Schulden belastet ist.

Die „P-E-S-T-analysis“ wollen wir Ihnen in diesem Beitrag etwas näher vorstellen. Die Methode ist auch noch unter anderen Abkürzungen benannt: PESTLE, PESTEL, PESTLIED,STEEPLE,SLEPT u.a.m. Sie ist eine einfache und gebräuchliche Methode, die Sie bei der Analyse unterstützt. Sie hilft Ihnen, das „große Ganze“ zu sehen, das Sie beeinflusst und Vorteile zu ziehen aus den Möglichkeiten, die erkannt werden.
In diesem Artikel wollen wir versuchen, Ihnen die „PEST“-Analyse zu erläutern und wie Sie sie für Ihr Geschäftsumfeld einsetzen können.
Die „PEST“-Analyse wurde im Jahr 1967 von dem Harvard-Professor Francis Aguilar erstmals vorgestellt. Die Analyse kann Ihnen in den folgenden Kategorien Erkenntnisse bringen:

1. Sie hilft Ihnen, Geschäftsmöglichkeiten zu erkennen und warnt Sie rechtzeitig vor signifikanten Bedrohungen
2. Sie zeigt die Richtung der Veränderungen in Ihrem Umfeld an. Dies hilft Ihnen bei der Bewertung dessen, was Sie tun, so dass Sie mit den Veränderungen arbeiten und nicht gegen sie.
3. Sie unterstützt Sie darin, Projekte erst gar nicht zu beginnen, die wahrscheinlich scheitern würden aus Gründen, die außerhalb Ihres Einflussbereiches liegen.
4. Sie kann Sie vor unbegründeten Annahmen bewahren, wenn Sie in einem neuen Land, einer neuen Region oder einem neuen Markt auftreten wollen, weil die Analyse Sie unterstützt, einen objektiven Blick auf dieses neue Umfeld zu bewahren.

Hinweis:

Die PEST-analysis wird oft zusammen mit der SWOT-Analyse verbunden, obwohl beide unterschiedliche Blickrichtungen haben. Die PEST-Analyse sieht das „große Ganze“, also die Faktoren, die einen Einfluss haben können auf Entscheidungen, einen Markt oder ein potentielles neues Geschäftsfeld. Die SWOT-Analyse untersucht diese Faktoren hinsichtlich eines Geschäftsfeldes und geht gezielt auf Stärken, Schwächen, Möglichkeiten oder Bedrohungen ein. Die SWOT-Analyse kann erweitert bzw. intensiviert werden, indem Sie zuerst eine PEST-Analyse durchführen. Dies hilft Ihnen, die Treiber oder Einflüsse zu identifizieren, die Ihre Organisation betreffen, indem sie sich auf die bereits weiter oben genannten sechs Typen von Treibern fokussiert
(P-E-S-T-L-E). Beide Methoden ergänzen einander und werden oft zusammen eingesetzt.

Wie können Sie vorgehen?

Folgen Sie den nachstehenden 4 Schritten, um Ihr Geschäftsumfeld zu analysieren, mitsamt den Möglichkeiten und Gefahren, die es bietet.

1. Nutzen Sie „PEST“ für ein Brainstorming der Veränderungen, die um Sie herum vorgehen.
Orientieren Sie sich an den Fragen und passen Sie sie an Ihre speziellen Bedürfnisse an.
2. „brainstormen“ Sie Möglichkeiten, die sich aus allen diesen Veränderungen ergeben
3. „brainstormen“ Sie Gefahren oder Einflüsse, die von diesen Veränderungen ausgehen
4. Leiten Sie angemessene Maßnahmen ein.
Schritt 1: Brainstorming der Einflussgrößen
Nachstehende Aufstellung soll Ihnen eine Hilfestellung geben, welche Faktoren innerhalb der einzelnen Kategorien in Frage kommen können. Die Aufstellung erhebt keinerlei Anspruch auf Vollständigkeit, vielmehr müssen Sie selbst die Sie beeinflussenden Faktoren identifizieren und Maßnahmen ergreifen. Auf die Durchführung eines Brainstormings gehen wir an dieser Stelle nicht ein, das Vorgehen dürfte hinlänglich bekannt sein. Eine Kartenabfrage, die anschließend geclustert wird, verhilft Ihnen zu nötiger Transparenz.

Politische Faktoren, die beachtet werden sollten („P“ political)
■ wann sind die nächsten Wahlen in Ihrem Bundesland? Kann dies eine Änderung der Regierungspolitik oder der regionalen Politik bedeuten? (Umwelt, Infrastruktur)
■ wer sind die wahrscheinlichsten Anwärter auf Machtpositionen? Wie ist deren Einstellung auf das Geschäftsleben und auf welche anderen Politikinhalte haben sie einen Einfluss?
■ könnten geplante Gesetzgebungen, Rechtsvorschriften oder Steueränderungen Einfluss haben auf Ihr Unternehmen, sowohl positiv als auch negativ? (Steuererhöhungen, Steuererleichterungen)
■ wie werden Regulierungsmaßnahmen oder deren geplante Änderungen sich auf Ihr Geschäft auswirken? Gibt es einen Trend zur Regulierung oder zur Deregulierung?
■ wie sind die Einstellungen der Regierung hinsichtlich Wirtschaftspolitik, Sozialpolitik, Umweltfragen und Verbraucherschutz? Welcher Einfluss ergibt sich daraus und ist es zu erwarten, dass er sich ändert? (Abfallwirtschaft, Luftverschmutzung).
■ wie ist die Zeitschiene vorgeschlagener Gesetzesänderungen? (kurzfristig, mittelfristig)
■ Gibt es noch andere politische Faktoren, die sich vermutlich ändern?

Ökonomische Faktoren („E“, economical)
■ Wie stabil ist die aktuelle Wirtschaftslage? Wachstum, Stagnation, Rückgang?
■ Sind die Wechselkurse stabil oder neigen sie zu signifikanten Schwankungen?
■ Ist das verfügbare Haushaltseinkommen steigend oder fallend? Wie wird es sich voraussichtlich in den nächsten Jahren entwickeln?
■ Wie hoch ist die aktuelle Arbeitslosenquote? Ist es einfach, qualifizierte Mitarbeiter zu finden? Oder ist es zu teuer, qualifizierte Arbeitskräfte einzustellen?
■ Gibt der Arbeitsmarkt qualifizierte Fachkräfte für Ihr Unternehmen her? Können ausgeschriebene Stellen nicht neu besetzt werden?
■ Haben Verbraucher und Unternehmen leichten Zugang zu Krediten? Falls nicht, wie wird dies Ihre Organisation beeinflussen?
■ Wie beeinflusst die Globalisierung Ihr Geschäftsumfeld?
■ Gibt es noch andere ökonomische Faktoren, die Sie berücksichtigen müssen?

Soziale Faktoren („S“, social)
■ Wie ist die Wachstumsrate der Bevölkerung und die Altersstruktur?
■ Gibt es Generationen-Unterschiede bezüglich Einstellungen, Haltungen und Ansichten, die Einfluss haben auf das, was Sie tun?
■ Wie ist der Stand der Gesundheitsvorsorge, Bildung und sozialer Mobilität in der Gesellschaft? Verändern sie sich und welchen Einfluss hat dies auf Ihr Umfeld?
■ Welche Beschäftigungsmodelle, Arbeitsmarkttrends und Einstellungen zur Arbeit können Sie beobachten? Gibt es dabei Unterschiede innerhalb verschiedener Altersgruppen?
■ Welche sozialen Einstellungen und sozialen Tabus könnten Ihr Geschäft beeinflussen? Gibt es aktuell soziokulturelle Veränderungen, die Einfluss haben können?
■ Wie beeinflussen religiöse Ansichten und veränderter Lebensstil die Bevölkerung?
■ Gibt es noch weitere sozio-kulturelle Tatsachen, die Veränderungen vorantreiben könnten?

Technologische Faktoren („T“, technological)
■ Gibt es neuen Techniken, die Sie einsetzen können?
■ Sind neue Technologien absehbar mit starkem Einfluss auf Ihre Arbeit oder Ihre Branche?
■ Haben irgendwelche Ihrer Mitbewerber Zugang zu neuen Technologien, mit denen sie ihre Produkte verbessern können?
■ Auf welchen Gebieten verstärken Regierungen und Forschungseinrichtungen ihre Forschungen? Gibt es etwas, was Sie tun können, um daraus Vorteile zu ziehen?
■ Wie haben Änderungen der Infrastruktur die Arbeitsabläufe verändert? (Telearbeit, Home Office)
■ Gibt es noch weitere Technologie-Faktoren, die Sie berücksichtigen sollten?

Auf die Buchstaben „L“ (für legal) und „E“ (für environmental) gehen wir an dieser Stelle nicht näher ein. In manchen Fällen ist es empfehlenswert, die Kategorien noch weiter zu unterteilen und auch die rechtlichen und ökologischen Aspekte getrennt zu betrachten. „legal“ kann beinhalten: Überlegungen zu den Menschenrechten, Arbeitsrichtlinien, Sicherheitsbestimmungen, Steuergesetze, andere rechtliche Erwägungen.

Schritt 2: Brainstorming der Möglichkeiten
Nachdem Sie nun die Veränderungen, die in Ihrem Umfeld stattfinden, identifiziert haben, ist es an der Zeit, jede Veränderung zu betrachten und die Möglichkeiten herauszuarbeiten, die sich für Sie eröffnen. Beispielsweise, können sie Ihnen helfen, neue Produkte zu entwickeln, neue Märkte zu öffnen oder Ihnen helfen, Ihre Prozesse effizienter zu machen?

Schritt 3: Brainstorming der Bedrohungen/Gefahren
Es ist genauso wichtig, zu betrachten, ob und wie diese Veränderungen Ihr Unternehmen „untergraben“ können. Wenn Sie dies früh genug verstehen, sind Sie in der Lage, diese Probleme zu vermeiden oder ihren Einfluss zu minimieren. Beispiel: ist einer der Kernbereiche Ihres Marktes von Bevölkerungsschwankungen oder –rückgang betroffen, könnten Sie dann andere Marktbereiche erschließen? Oder falls neue Technologien Ihre Produkte veralten lassen, können Sie diese Technologie adaptieren und Ihre Produkte verbessern? Eine Risikoanalyse kann Ihnen helfen, diese Bedrohungen zu bewerten und Strategien zu entwerfen.

Schritt 4: Handeln Sie!
Wo Sie bedeutende Möglichkeiten/Chancen erkannt haben, erstellen Sie einen Aktionsplan! Wo Sie signifikante Risiken erkannt haben, ergreifen Sie angemessene Maßnahmen zur Risikobewältigung oder eliminieren Sie die Risiken.
Viele Aspekte konnten in diesem kurzen Artikel nur gestreift werden, andere konnten aus Platzgründen nicht einmal aufgeführt werden. Wenn Sie zu dieser Thematik mehr wissen möchten, nehmen Sie einfach Kontakt mit uns auf!