Was Sie über Benchmarking wissen sollten (1)

Das Wichtigste zuerst:

■ Benchmarking ist viel mehr als nur ein Leistungsvergleich

■ Benchmarking fokussiert sich auf das „Lernen von den Erfahrungen anderer Organisationen“ und     wird am besten beschrieben mit „Identifizieren, Anpassen und Umsetzen der Praktiken, die die besten Leistungsresultate erzielen“

■ Benchmarking ist eine wirkungsvolle Methode, dem Denken, der Innovation und der Verbesserung zum Durchbruch zu verhelfen und außergewöhnliche gewinnorientierte Resultate zu erzielen

■ neue Benchmarking-Methoden tragen dazu bei, dass Benchmarking-Prozesse zu wichtigen Vorteilen/Nutzen führen (finanzielle und nicht-finanzielle).

■ neue Website-Tools machen Benchmarking einfacher

Einführung

Organisationen suchen ständig nach neuen Wegen und Methoden zur Leistungsverbesserung und um Wettbewerbsvorteile zu erlangen. Während sie Verbesserungen zu ihren eigenen Geschäftsprozessen suchen erkennen viele Organisationen, wie wichtig es ist, aus den „best practices“ zu lernen, die von anderen Organisationen erreicht wurden. Durch den Verzicht darauf, „das Rad neu zu erfinden“ und durch die Bereitstellung von Potential, um erprobte Praktiken auch umzusetzen, wurde das Benchmarking eine wichtige Methode zur Bereitstellung eines schnellen Weges, um die Business Excellence einer Organisation zu erreichen.

Hinweis: dieser Beitrag beruht auf einem englischsprachigen Artikel, der im Literaturverzeichnis am Ende aufgeführt wird. Um Ungenauigkeiten bei der Übersetzung in die deutsche Sprache zu vermeiden, haben wir bewusst die im englischen Sprachraum üblichen Bezeichnungen im ursprünglichen Wortlaut übernommen ( informal benchmarking, formal benchmarking, performance benchmarking, best practice benchmarking …)

Welche Arten von Benchmarking gibt es?

Man unterscheidet folgende Arten von Benchmarking:

Zuerst das „informal benchmarking“. Dies ist eine Art von Benchmarking, das die meisten von uns unbewusst anwenden, am Arbeitsplatz oder zuhause. Wir vergleichen andauernd und lernen aus dem Verhalten und den Gewohnheiten von anderen – ob es sich nun um den Einsatz eines Softwareprogramms handelt, beim Kochen eines besonderen Gerichts oder während wir Sport treiben. Im Arbeitsleben entstehen die meisten Lerneffekte des „informal benchmarking“ durch

  • Gespräche zwischen Arbeitskollegen und Lernen aufgrund deren Erfahrungen (Kaffeepausen und Teammeetings sind sehr gut geeignet zum Networking und Lernen von anderen)
  • Beratungen mit Experten ( z.B. Unternehmensberater, die Erfahrungen sammeln konnten mit bestimmten Prozessen oder Aktivitäten in verschiedenen Geschäftsfeldern)
  • Networking mit Leuten aus anderen Organisationen bei Konferenzen, Seminaren und in Internetforen
  • Online-Datenbanken und Publikationen, die Informationen verteilen, wie man schnell und einfach von „best practices“ und benchmarks lernen kann.

Die zweite Form des Benchmarking wird als „formal benchmarking“ bezeichnet; sie wird wiederum unterteilt in das „performance benchmarking“ und das „best practice benchmarking“.

Performance benchmarking beschreibt den Vergleich von Leistungsdaten, die man aus Analysen ähnlicher Prozesse oder Aktivitäten gewonnen hat. Solche Leistungsvergleiche kann man sowohl zwischen Unternehmen als auch innerhalb einer Organisation durchführen. Sie sind hilfreich zum Identifizieren von Stärken und Verbesserungsmöglichkeiten. Performance benchmarking kann beinhalten: den Vergleich von finanziellen Kennzahlen, wie z.B. Ausgaben, Arbeitskosten, Energiekosten, Budgeteinhaltung, Cash Flow, Einnahmen usw., aber auch nicht-finanzielle Werte wie Fehlzeiten, Mitarbeiterfluktuation, Reklamationen, Umwelteinflüsse oder die Leistung eines Call-Centers.

Die meisten Leute setzen Benchmarking gleich mit performance benchmarking. Das ist bedauerlich, weil das performance benchmarking für sich alleine genommen nur von limitiertem Nutzen ist. Zu oft werden für das performance benchmarking Daten gesammelt (oftmals mit hohen Kosten verbunden), aber es erfolgt keine Aktion oder Maßnahme, nachdem die Daten einmal vorliegen. Während das performance benchmarking es zwar ermöglicht, eine Leistungslücke (performance gap) zu identifizieren, liefert es jedoch keine Idee, best practice oder Lösung, wie die Leistung verbessert werden kann und die Lücke geschlossen werden kann.

Das best practice benchmarking beschreibt den Vergleich von Leistungsdaten, die aus Analysen gewonnen wurden und das Identifizieren, Anpassen und Implementieren von Praktiken, die zu den besten Leistungsergebnissen führen.

Das best practice benchmarking ist wirkungsvollste Art des Benchmarkings. Es wird eingesetzt zum „Lernen aus den Erfahrungen von anderen“ und um durchschlagende Leistungsverbesserungen zu erzielen. Das best practice benchmarking konzentriert sich auf „Aktionen“, also etwas zu tun mit den gewonnenen Daten und zu lernen, warum andere Organisationen ein höheres Leistungsniveau erreicht haben. Best practice benchmarking-Projekte benötigen im allgemeinen 2-4 Monate um diese best practices herauszuarbeiten. Diese Praktiken müssen dann angewandt und implementiert werden. Die erforderliche Zeit für das gesamte Projekt hängt ab vom Anwendungsbereich, der Bedeutung und den benötigten Ressourcen. Projekte sind im allgemeinen ressourcenintensiv und so ist Sorgfalt geboten, dass man sich auf Dinge von hoher strategischer Bedeutung konzentriert, die auch wirklich erfolgversprechend sind.

Die Verbreitung von Benchmarking

Untersuchungen durch das „Centre for Organisational Excellence Research“ im Auftrag des Global Benchmarking Network prüften die Verbreitung von Benchmarking im Vergleich mit anderen Verbesserungstools (COER, 2008). Die Umfrage wurde durchgeführt unter mehr als 450 Unternehmen aus mehr als 20 Ländern. Mission and Vision Statements und Lieferanten- und Kundenbefragungen waren am weitesten verbreitet (77% der Organisationen), darauf folgen SWOT (72%) und informal benchmarking (68%). Performance benchmarking wurde eingesetzt bei 49% der Organisationen und best practice benchmarking bei 39%.

Welchen Nutzen haben Sie durch Benchmarking?

Das hängt ab von der Art des Benchmarking. Für das „informal“ oder „performance benchmarking“ ist es schwierig zu beurteilen, weil diese Formen des Benchmarking gerichtet sind auf das organisationelle Lernen und/oder bessere Entscheidungsfindung und üblicherweise die Ergebnisse nicht quantifiziert werden bei Organisationen, die diese Techniken einsetzen. Wie auch immer, man kann davon ausgehen, dass diese Methoden und das Benchmarking im allgemeinen sehr wichtig sind für Organisationen, die sich einem nationalen oder internationalen Vergleich stellen wollen – es macht Sinn für eine Organisation, dass sie Managementprozesse und –systeme aufweist, die von ähnlichem oder besserem Stand sind als die ihrer Wettbewerber. Sicherlich haben Business Excellence-Modelle, die in über 80 Ländern eingesetzt werden und Unternehmen dazu ermutigt haben, die Prinzipien von Business Excellence einzuführen als zentrales Element die Notwendigkeit , Organisationen zum Benchmarking anzuleiten, ihre Leistungslücken zu erkennen und von anderen zu lernen. Die bekanntesten Business Excellence-Modelle sind die „Baldrige Criteria for performance Excellence (entwickelt in den USA) und das EFQM-Modell für Excellence der European Foundation for Quality Management.

Es gibt sehr viele Fallstudien, die sich auf die Erfolge beziehen, die durch Benchmarking erzielt wurden. Die bekannteste davon beschreibt die Erfahrungen der Firma Xerox, die Pionierarbeit geleistet hat in der Einführung von Benchmarking-Konzepten ( Dr. Robert Camp, früher bei Xerox, schrieb das erste Buch über Benchmarking im Jahre 1989). In den späten siebziger und frühen achtziger Jahren angesichts des Niederganges aufgrund der wesentlich effizienteren japanischen Mitbewerber, begann Xerox mit performance benchmarking und die Erkenntnisse waren erstaunlich. Sie fanden heraus:

  • Xerox hatte neunmal so viele Zulieferer für die Produktion
  • Ausschussquote war annähernd zehnmal so hoch
  • Markteinführung von Produkten dauerte fast zweimal so lange
  • Defekte pro 100 Maschinen traten siebenmal so häufig auf

Um sich dieser Krisensituation zu stellen entwickelte Xerox einen Benchmarking-Ansatz, nicht nur, um Leistungslücken festzustellen, sondern auch um zu lernen, warum andere Organisationen eine bessere Entwicklung aufwiesen. Ein großer Anteil dieses Lernprozesses erfolgte durch das Studium von Organisationen außerhalb der eigenen Branche – dies führte oft zum Erkennen wirklich durchschlagender Praktiken. Beispielsweise führte Xerox ein Benchmarking durch mit einem Hersteller von Sportartikeln wegen dessen exzellenter Lagerhaltungsprozesse, die heute als Standard in vielen Unternehmen gelten. Insgesamt wurden über einen Zeitraum von zehn Jahren fast 230 Leistungsbereiche untersucht. Dies führte dazu, dass Xerox zum Marktführer wurde und als Unternehmen der „Weltklasse“ galt. Xerox gewann auch den Malcolm Baldrige National Quality Award (MBNQA) im Jahre 1989.

Methoden für das „best practice benchmarking”

Es gibt keine einzelne Benchmarkingmethode, die universell angewandt wird. Die weite Verbreitung und Akzeptanz des Benchmarking ( in deutschen Unternehmen wird Benchmarking allerdings wenig angewandt )hat dazu geführt, dass sich unterschiedlichste Benchmarkingmethoden verbreitet haben.

Die TRADE-Methode ist eine solche. TRADE richtet sich auf den Austausch (oder eben „trade“) von Informationen oder best practices, um die Leistung von Prozessen, Gütern und Dienstleistungen zu verbessern.

TRADE besteht aus fünf Stufen:

  • Terms of Reference (Projektplanung, Zweck, Ziele, Bereiche, Ressourcen, Kosten)
  • Research (Untersuchung des aktuellen Standes/der aktuellen Leistung)