Grundsätze des Prozessmanagements

Dass die DIN EN ISO 9001:2015 die Umsetzung eines prozessorientierten Ansatzes fördert (und fordert), dürfte für diejenigen, die sich mit den Normforderungen beschäftigen, nichts Neues sein. Dieser Ansatz ermöglicht es Organisationen, ihre Gesamtleistung zu verbessern. Das Prozessdenken soll zudem einen reibungslosen Auftragsdurchlauf von der Kundenanfrage bis zur Auslieferung des Produktes bzw. bis zur Erbringung der Dienstleistung und darüber hinaus gewährleisten.

Voraussetzung für den Aufbau eines Prozessmanagements ist zunächst die Identifikation der wesentlichen Unternehmensprozesse. Bewährt hat sich die Darstellung in Form einer Prozesslandkarte; jeder Prozess erhält einen Namen und wird durch einen klar definierten Anfangs- und Endpunkt von anderen Prozessen abgegrenzt. In vielen Unternehmen lassen sich auf diese Weise viele Prozesse identifizieren. Andererseits zeigt auch unsere Erfahrung als externe Auditoren  weiterhin eine rein funktionale Ausrichtung von Unternehmen, bei der die Prozesskette an den Abteilungsgrenzen unterbrochen wird. Um den Überblick nicht zu verlieren, hat sich eine Einteilung in verschiedene Prozessarten herausgebildet: Managementprozesse/Kernprozesse/Unterstützungs-prozesse. Bei dieser Dreiteilung geht es aber zunächst ausschließlich um Strukturierung und Übersichtlichkeit, eine Priorisierung ist in der Einteilung noch nicht enthalten.

Die erwähnte „gewachsene“ Funktionsorientierung hat sich in vielen Organisationen als Hindernis erwiesen. Die damit verbundene starke Arbeitsteilung erfordert ein erhebliches Maß an Planung und Koordination zur Realisierung effektiver Abläufe. Bei der Einführung  neuer Abläufe erschwert Funktionsorientierung die flexible Reaktion auf sich ändernde Anforderungen. Jeder Schritt über Abteilungsgrenzen hinweg stellt eine potentielle Störung im Ablauf dar. Bei der Funktionsorientierung sind immer wieder Probleme feststellbar wie: unvollständige Informationsweitergabe, mangelnde Abstimmung der Tätigkeiten, Verzögerungen und unproduktiver Klärungsbedarf. Durch das Denken in Prozessen anstatt in Funktionen soll die isolierte Betrachtung funktionsorientierter, einseitiger Maßnahmen zugunsten ganzheitlicher Gestaltungsansätze aufgegeben werden.

In jedem Unternehmen sind vielfältige Prozesse anzutreffen,  die man aufteilen kann in „operative Prozesse“ und „Geschäftsprozesse“. Operative Prozesse laufen ab, um ein Produkt oder eine Dienstleistung zu erzeugen. Dabei entsteht etwas Materielles oder eine Tätigkeit oder Dienstleistung, die der Kunde bezahlt oder zu zahlen bereit ist. Ein Geschäftsprozess ist dagegen ein Prozess, der wesentliche Abläufe steuert. Ihm liegen zwar operative Prozesse zugrunde, aber bei Geschäftsprozessen fließen vor allem Informationen, die bewertet und analysiert werden. Geschäftsprozesse sind nicht immer so klar wie operative Prozesse, die meist leicht fassbar, beobachtbar und greifbar sind, sondern sie laufen in der Regel über mehrere organisatorische Stationen.

Geschäftsprozesse steuern Abläufe und laufen über mehrere organisatorische Stationen.

Der Übergang vom operativen zum Geschäftsprozess ist i.d.R. kein harter Übergang. Gerade bei Dienstleistungsprozessen sind die Grenzen eher fließend, da Informationen in vielen Fällen auch Gegenstand eines operativen Dienstleistungsprozesses sind. Wie im operativen Prozess sollte es im Geschäftsprozess einen Prozessverantwortlichen geben, der den Prozess steuert, so dass er möglichst ungehindert ablaufen kann. Mit dem Wort „sollte“ wollen wir andeuten, dass nach unserer Erfahrung noch längst nicht alle Geschäftsprozesse durch einen Prozessverantwortlichen gesteuert werden. In vielen Fällen gibt es noch keinen „Prozesseigentümer“ für jeden Geschäftsprozess, weil nach wie vor zu wenig in Geschäftsprozessen und zu viel in organisatorisch eigenständigen funktionalen Einheiten gedacht wird.