Seit mehreren Jahren ist Ihr Unternehmen nach ISO 9001 zertifiziert? Jetzt fragen Sie sich: wie kann es mit meinem QM-System weitergehen? Wie kann ich mein System spürbar verbessern? Wo wollen Sie in 3 Jahren mit Ihrem QMS stehen?
Dann sollten Sie folgendes bedenken:
Die Zertifizierung von Managementsystemen ist inzwischen für viele Unternehmen zur reinen Pflichtübung geworden. Die Normforderungen und deren Einhaltung alleine stellen insbesondere für Unternehmen, die seit mehreren Jahren zertifiziert sind, keine Herausforderung mehr dar und helfen bei der Identifikation von Schwachstellen und bei der kontinuierlichen Optimierung des Unternehmens nur wenig weiter.
Klassische Zertifizierungen und Audits beschränken sich darauf, die Konformität der Vorgehensweise mit den Forderungen von Regelwerken zu prüfen. Das Verbesserungspotential, das sich durch Audits identifizieren lässt, wird im Laufe der Zeit immer geringer. Die Normforderungen der ISO 9001 sind so ausgelegt, dass sie von einem Großteil der Unternehmen ohne größere Mühe erfüllbar sind. Qualitätsverbesserungen, durch die sich die Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens signifikant erhöhen lässt, sind so kaum möglich.
Bedenken Sie:
Es ist heute eine weithin gesicherte Erkenntnis, dass die regelmäßige Auditierung eines QM-Systems z.B. nach ISO 9001 keine Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit mit sich bringt. Durch ihre weite Verbreitung stellt die ISO 9001 in vielen Bereichen keinen Wettbewerbsvorteil mehr dar, sondern ist oftmals nur ein faktischer Zwang. In vielen Organisationen ist ein Audit-„Ritual“ entstanden, bei dem Auditoren und Auditierte auf die im Grunde immer gleichen Fragestellungen die in Stil und Inhalt erwünschten Antworten liefern. Der Erkenntnisgewinn ist so für alle Beteiligten gering.
Wie kann es also weitergehen?
Wir möchten noch einmal darauf hinweisen, dass die Rolle von Normen für die Führung und Steuerung von Unternehmen nicht überbewertet werden sollte. Normen haben stets spezielle Sachverhalte zum Inhalt, wie z.B. die Qualität für den Kunden oder die Sicherheit von Daten in der Informationstechnologie. Ganzheitliche Aspekte werden hingegen von Normen kaum angesprochen. Um ein Unternehmen dennoch ständig voran zu bringen wurden Modelle entwickelt, die in ihrer ganzheitlichen Bewertung von Unternehmen wesentlich weiter gehen als die Zertifizierungen nach Qualitäts- und Umweltnormen. Sozusagen als Zwischenziel auf dem Weg zu einem Modell, das die „Excellence“ von Unternehmen bewertet, kann die ISO 9004:2009 dienen.
ISO 9004:2009: Mehrwert mit einem umfassenden QM-System
Schon der Titel der aktuellen ISO 9004:2009 „Leiten und Lenken für den nachhaltigen Erfolg einer Organisation“ (genaue Bezeichnung lautet DIN EN ISO 9004:2009-12) verrät, dass es sich nicht nur um eine Überarbeitung der bisherigen ISO 9004:2000 handelt, sondern um eine völlig neue Norm. Während die „alte“ ISO 9004 als „Leitfaden zur Leistungsverbesserung“ bezeichnet wurde, geht es bei der „neuen“ um den nachhaltigen Erfolg, d.h. darum, „in einem komplexen, anspruchsvollen und sich ständig ändernden Umfeld nachhaltigen Erfolg durch einen Qualitätsmanagementansatz zu erreichen“.
Die „neue“ ISO 9004 (die aber schon im Dezember 2009 in der deutschen Fassung veröffentlicht wurde) erfreut sich steigender Beliebtheit gerade in kleinen und mittleren Unternehmen, die Anregungen suchen, ihr jetziges QM-System weiter zu entwickeln und fit zu machen für eine erfolgreiche Zukunft. Die ISO 9004 ist quasi die „Schwesternorm“ der ISO 9001 und bildet das ideale Managementwerkzeug für die Weiterentwicklung Ihres QM-Systems in Richtung TQM.
Legt die ISO 9001 schon viel Wert darauf, dass Tätigkeiten im Unternehmen als Prozess erkannt und festgelegt werden, so widmet die ISO 9004 diesem Thema schon einen ganzen Abschnitt ( 7 Prozessmanagement). Prozesse müssen geplant, gelenkt und zugehörige Verantwortlichkeiten und Befugnisse definiert werden, damit den charakteristischen Eigenschaften eines Unternehmens Rechnung getragen wird.
Während in der ISO 9001 alle Prozesse des Unternehmens auf die Kunden des Unternehmens ausgerichtet sind, geht die ISO 9004 deutlich hierüber hinaus, indem sie die „interessierten Parteien (Stakeholder)“ betrachtet (Kunden, Eigentümer, Anteilseigner, Mitarbeiter, Lieferanten, Partner, Gesellschaft).
Wenn Ihr Unternehmen aber überleben, sich weiterentwickeln und hoffentlich florieren soll, müssen Sie „Qualität“ Ihres ganzen Unternehmens betrachten. Will Ihr Unternehmen in allen Bereichen so arbeiten, dass alle Stakeholder zufriedengestellt werden, benötigt es außer technischen Fertigkeiten eine Systematik, welche die Leistung und Wirtschaftlichkeit aller Prozesse Ihres Unternehmens erhöhen kann.
Ein QM-System nach ISO 9004 sollte als integriertes System aufgebaut und implementiert werden. Verstärkte Beachtung sollte man den Bereichen Umwelt, Sicherheit, Finanzen, Risikomanagement schenken. Relativ häufig wird das Thema Umwelt in der neuen ISO thematisiert. Den gewachsenen Ansprüchen der Stakeholder wird somit Rechnung getragen.
Erfolgreich durch Selbstbewertung, auch ohne Zertifizierung!
Eine externe Bewertung durch eine Zertifizierungsgesellschaft ist nicht möglich. Stattdessen setzt das neue System auf eine umfangreiche Selbstbewertung, die im Anhang A der Norm ausführlich beschrieben wird. Das Selbstbewertungsverfahren stellt jedoch keinen Ersatz für das interne Audit dar!
Die ISO 9004 bietet Unternehmen ein großes Potential. Hier geht es um zukunftsorientierte und ganzheitliche Ausrichtung des Unternehmens über bloße Qualitätsfragen hinaus!
Selbstbewertung als wesentliches Element der Weiterentwicklung
Sowohl in der ISO 9004:2000 als auch in der ISO 9004:2009 ist im Anhang zur Norm ein Verfahren zur Selbstbewertung beschrieben, in der aktuellen Fassung der Norm nimmt dieses Verfahren jedoch einen wesentlich größeren Raum ein. Zwei unterschiedliche Arten von Verfahren werden beschrieben, zum einen eine „Selbstbewertung von Schlüsselelementen“, zum anderen eine „ausführliche Selbstbewertung der einzelnen Elemente“, die von der operativen Ebene und den Prozesseignern zur detaillierten Ermittlung und Beurteilung der Fähigkeiten der Organisation durchgeführt werden kann. Insbesondere ist es möglich, dass das Selbstbewertungsverfahren auf das gesamte Qualitätsmanagementsystem oder nur einen Teil davon oder auf einen beliebigen Prozess angewendet werden kann oder auf die gesamte Organisation oder nur einen Teil davon angewendet werden kann. Beide Verfahren verwenden eine fünfstufige Reifegradskala. Das Verfahren der Selbstbewertung zielt darauf ab, den Reifegrad des Qualitätsmanagements für jeden Hauptabschnitt der ISO 9004 auf einer Skala von 1 (kein formelles System) bis 5 (Bestleistung) zu bewerten. In den Tabellen im Anhang der Norm sind die Reifegradstufen zu den insgesamt 9 Schlüsselelementen (Kapitel 1 bis 9) und 27 Einzelelementen beschrieben, mit typischen Beispielfragen zur Selbstbewertung. Jede Organisation sollte jedoch eigene Fragen für diese Abschnitte der Norm entwickeln, die ihrem eigenen Bedarf entsprechen.
Die ISO 9004 sollte verstanden werden als Leitfaden zur Weiterentwicklung von QM-Systemen, die auf der Basis der ISO 9001 in erster Linie den Kunden als Anspruchsteller im Auge hatte und nun durch Einbeziehung weiterer Interessensgruppen mit einem ganzheitlichen und nachhaltigen Gestaltungsansatz ausgestattet wurde.
Bei Interesse gehen wir in weiteren Artikeln gerne näher auf die ISO 9004 ein, insbesondere wie Sie Schritt für Schritt eine Selbstbewertung nach ISO 9004 angehen können. Bei Fragen können Sie sich auch gerne direkt an uns wenden.