…….und deren Einflussmöglichkeiten auf Ihr Unternehmen?
Die neue ISO 9001:2015 nimmt im Kapitel 4.2 Bezug auf das Verstehen der Erfordernisse und Erwartungen interessierter Parteien. Organisationen müssen die interessierten Parteien, die für ihr Qualitätsmanagementsystem relevant sind und die für ihr Qualitätsmanagementsystem relevanten Anforderungen dieser interessierten Parteien bestimmen. Dieses Thema ist natürlich nicht nur für zertifizierte Betriebe von Bedeutung, sondern betrifft grundsätzlich alle Organisationen.
Die Standards für Qualitäts- oder Umweltmanagementsysteme sprechen im Originaltext von „Stakeholdern“, was in den deutschen Normen mit „interessierten Parteien“ übersetzt wird. Aber wie können Sie die Erwartungen Ihrer interessierten Parteien überhaupt interpretieren?
Was ist nun ein Stakeholder? In der DIN EN ISO 9000:2005 (Grundlagen und Begriffe) werden interessierte Parteien als Person oder Gruppe mit einem Interesse an der Leistung oder dem Erfolg einer Organisation bezeichnet. Auch im Prozessmodell wird von Kunden und anderen interessierten Parteien gesprochen. Es kann sich um Gruppen oder Individuen handeln, die in einer bestimmten Beziehung zur Organisation stehen. Diese Beziehungen können durch unterschiedliche Merkmale gekennzeichnet sein:
►direkte oder indirekte Beteiligung eines Stakeholders,
►die Betroffenheit des Stakeholders durch Ziele oder Ergebnisse der Organisation
►wechselseitige Einflussnahmemöglichkeiten
►Interesse und Erwartungen der Stakeholder
Häufig wird in einer Stakeholderanalyse der Blick nach außen gerichtet, allerdings sind gerade im Unternehmen oft wesentliche Stakeholder zu finden! Anzahl und Art der entsprechenden Stakeholder variieren je nach Unternehmen, daher kann es keine allgemeine, alles umfassende Stakeholderliste geben. Bei der Ermittlung und Festlegung der entsprechenden interessierten Parteien sollten verschiedene Fachbereiche des Unternehmens einbezogen werden, um den Status und die Anforderungen zu erfassen. Im Zusammenhang mit einer Stakeholder-Analyse sollten Sie folgende Fragen beantworten können:
► Ist bekannt, welche Personen, Gruppen, Organisationen und Institutionen ein Interesse an den Aktivitäten unserer Organisation haben?
► Welche Risiken bestehen für das eigene Unternehmen, die sich aus Handlungen der Stakeholder ergeben könnten?
► Was können/werden wir unternehmen, um aktiv die Beziehungen zu den relevanten Stakeholdern zu gestalten und permanent zu verbessern?
Stufen des Stakeholder-Managements
Bitte beachten Sie bei den nachstehenden Erläuterungen:
Es geht nicht um einen umfassenden Stakeholderansatz, sondern um relevante Anforderungen von relevanten interessierten Parteien, also um solche Anforderungen, die unmittelbar auf das Qualitätsmanagementsystem bzw. die Produkte und Dienstleistungen Einfluss haben. Auch die Auswahl der interessierten Parteien obliegt der Organisation. Welche interessierten Parteien nun wirklich relevant sind, können Sie am einfachsten in einer 4-Felder-Matrix ermitteln. Ein Stakeholder-Portfolio kann zur Bildung von Klassen dienen (A-B-C), die Sie für den dritten Schritt, die Aktionsplanung, einsetzen können.
Für die Erstellung einer Stakeholderanalyse hat sich ein 4-Stufen-Modell bewährt:
► Stufe 1: Identifikation
► Stufe 2: Information und Analyse
► Stufe 3: Aktionsplanung
► Stufe 4: Monitoring
Identifikation
Um die relevanten interessierten Parteien zu identifizieren, müssen Sie zunächst einen Überblick über alle interessierten Parteien haben: Wer hat Einfluss auf die Produkte bzw. Dienstleistungen bzw. wer ist von diesen betroffen? Wenn diese interessierten Parteien identifiziert sind, müssen deren relevante Anforderungen bestimmt werden, also nicht alle, sondern nur jene, die auf Produkte und Dienstleistungen Einfluss haben. Die Identifikation kann beispielsweise in Form eines Workshops erfolgen, an dem Mitarbeiter verschiedener Bereiche und Hierarchien teilnehmen. Den möglichen Ablauf eines solchen Workshops werden wir in einem eigenständigen Beitrag darstellen. Bei der Identifikation können Sie unterstützend auch Kreativitätstechniken einsetzen (z.B. Brainstorming). Firmeninterne Erfahrungen mit Stakeholdern oder Lasten/Pflichtenhefte können ebenfalls heran-gezogen werden.
Der erste Schritt der Identifikation dreht sich um das Erkennen potentieller Stakeholder und um eine erste, grobe Einstufung. Hierbei sollte die Frage beantwortet werden können:
► Welche Person oder Personengruppe kommt als potentielle Stakeholder in Betracht?
Im zweiten Schritt der Identifikationsphase führen Sie eine grobe Klassifizierung durch. Kernfragen dazu sind:
► Sind die Personen/Personengruppen intern oder extern?
► Üben sie direkten oder indirekten Einfluss aus?
Information und Analyse
In diesem Schritt sollten Sie versuchen, sich in die jeweiligen Stakeholder hineinzuversetzen, um sie analysieren zu können. Es geht darum, die Stakeholder einzuschätzen und deren Aktionen und Reaktionen möglichst weit reichend zu antizipieren. Es geht im Wesentlichen darum, die Einstellung der Stakeholder gegenüber der Organisation herauszufinden und einzuschätzen, wie deren Bedeutung und Macht/Einfluss ist und damit eine Einschätzung des Stakeholders vorzunehmen. Stakeholder können sich gegenüber Ihrer Organisation positiv (unterstützend) oder negativ (hinderlich) gegenüberstehen. In diesem Stadium können Workshops oder eine Netzwerkanalyse hilfreich sein. Die zentralen Fragestellungen im Stadium der Analyse sind (Beispiele):
► Einstellung: Stehen der Stakeholder oder die Stakeholdergruppe der Organisation positiv oder negativ gegenüber?
► Betroffenheit: welche Betroffenheit löst unsere Organisation bei den Stakeholdern aus?
► Erwartungen oder Befürchtungen: Welche Erwartungen haben die Stakeholder an die Organisation? Welche Befürchtungen haben sie bzw. was glauben die Stakeholder, was passieren könnte?
► Einfluss/Macht: Wie sind Einfluss, Bedeutung und Macht des Stakeholders bzw. der Stakeholdergruppe?
Aktionsplanung
Aus den vorher identifizierten Stakeholdern und den Ergebnissen der Analyse werden im nächsten Schritt Maßnahmen entwickelt, um die Stakeholder in die betrieblichen Aktivitäten einzubinden oder zumindest ihr Verhalten zu beobachten. Gute Dienste leistet eine Stakeholder-Maßnahmen-Matrix, in der jedem Stakeholder eine definierte Maßnahme zugeordnet werden kann (aktive Einbindung/passive Einbindung, Kommunikationsstrategie, Methoden der Einflussnahme). Auf Grund der Analyse der Stakeholder und des Umfeldes der Organisation können konkrete Strategien und Maßnahmen zur Gestaltung der Umfeldbeziehungen geplant und umgesetzt werden. Durch die Erstellung eines Stakeholder-Portfolios zur Steuerung der einzelnen Stakeholder können Sie festlegen, auf welche Weise mit den St. umgegangen werden sollte. Die Beeinflussungsstrategien lassen sich unterteilen in partizipative, diskursive und repressive Strategien, auf die wir aber an dieser Stelle nicht näher eingehen können.
Monitoring
Organisationen und Stakeholder befinden sich in einem dynamischen Umfeld. Einstellungen eines Stakeholders können sich im Zeitverlauf ändern und entsprechen nicht mehr dem, was man in der ersten Analyse einmal festgestellt hat. Neue Stakeholder können auftauchen, die ursprünglich nicht bekannt waren, Stakeholderinteressen können sich ändern. Daher sollte ein Stakeholder-Monitoring durchgeführt werden. Da zertifizierte Organisationen regelmäßig (meist jährlich) ein internes Audit und eine Managementbewertung erstellen müssen, ist dies ein geeigneter Zeitpunkt für ein Monitoring. In Kapitel 9.3.2 Eingaben für die Managementbewertung der ISO 9001:2015 wird außerdem verlangt, dass die Managementbewertung auch Informationen über die Kundenzufriedenheit und Rückmeldungen von relevanten interessierten Parteien enthalten muss.
Zusammenfassung
Neben Ihren Kunden interessieren sich noch eine ganze Reihe weiterer „interessierter Parteien“ bzw. „Anspruchsgruppen“ für das Geschehen in Ihrem und rund um Ihr Unternehmen. Die Gesamtheit dieser firmenspezifischen Interessensgruppen wird auch als Stakeholder bezeichnet.
Nur eine sehr gewissenhafte, firmenspezifische und zeitnahe Stakeholder-Analyse kann sicherstellen, dass sich ein Unternehmen in diesem streng wettbewerbsorientierten Umfeld noch behaupten kann. Hinter einer Stakeholderanalyse steckt im Grunde die Frage: „wen interessiert was an unseren Produkten, Dienstleistungen und am Unternehmen?“. Eine Stakeholderanalyse kann Ihnen also Zielfelder liefern, die als Grobvorgabe für das QM-System dienen, also als eine Art „Marschrichtung für das Unternehmen“.
Das Thema „Stakeholdermanagement“ ist zu komplex und individuell, als dass es auf wenigen Seiten so beschrieben werden kann, dass es Ihnen als Handlungsanleitung dienen könnte. Wichtige Inhalte konnten wir in dieser Kurzdarstellung nur streifen, auf andere gar nicht eingehen.
Wenn dieses Thema für Sie von Bedeutung ist und Sie weitere Informationen möchten, nehmen Sie einfach mit uns Kontakt auf. Wir freuen uns über Ihr Interesse.